Palmer Triage, Trinity & Thruster – Testbericht von Gitarre & Bass

In größeren zeitlichen Abständen präsentiert Palmer dem Gitarristen immer wieder spezielle Helferlein. Dinge, die es nicht an jeder Ecke gibt, wie z.b. Schaltmodule, die es ermöglichen, zwei Lautsprecherboxen an einem Amp zu betreiben. Dieses Mal sind zwei Switcher und ein Boost-Pedal zum Test angetreten.

Palmer hat vor vielen Jahren sogar einmal Röhren-Amps gebaut. Dann wandten sich die Macher analogen 19″-Geräten für Studio und Bühne zu und schufen z.B. mit den Speaker-Simulatoren PDI-03 (mit Loadbox) und PDI-05 (stereo, ohne Loadbox) zwei noch heute veritable Klassiker. Ersteres Modell wurde vor einiger Zeit neu aufgelegt und ist nach wie vor im Programm. Aktualisierte Ableger sind das ADIG-LB und ADIG-ST. Tja, hektischer Produktwechsel scheint so gar nicht das Ding der süddeutschen Firma zu sein. Auch die im Jahre 2001 getesteten Amp- und Cabinet-Switcher werden nach wie vor produziert.

Unsere Testkandidaten gehören aber natürlich zu den neuesten Errungenschaften der Entwicklungsabteilung.

Konstruktion
Die Elektronik ist in hochstabile Stahlblechgehäuse eingebaut. Damit man die Pedale schnell und problemlos auf dem FX-Board montieren kann, befinden sich vorne in der überstehenden Bodenplatte zwei Bohrungen. Die oben angebrachten Fußschalter sind lediglich mechanische Elemente, die innen auf Taster mit Federarmen Druck ausüben. Und selbst die sind noch nicht die aktiven Schaltelemente, sondern steuern nur ein elektronisches Modul, das über Optokoppler die Umschaltungen vornimmt. Für diese Lösung hat sich Palmer entschieden, weil man der Ansicht ist, dass auch so klangneutrale Funktion erreicht werden kann, aber eben Störgeräusche, wie sie durch konventionelle Hard-Bypass-Schalter entstehen, vermieden werden. Große und helle Leuchtfelder zeigen den Status der Schaltfunktionen an.

Die Geräte sind durch 9-Volt/DC-Netzadapter zu speisen. Intern wird diese Spannung heraufgesetzt, womit die Signalbearbeitung an Qualität gewinnt. Natürlich sind alle Bauteile auf Platinen verlötet. Massive Klinkenbuchsen, mechanisch stabil am Gehäuse verschraubt, wie auch der kräftig zupackende Netzteileingang, hochwertige Potis, säuberlichste Verdrahtung, zum Teil über Steckkontakte, alles in allem sind Substanz und Verarbeitung grundsolide. Palmer geht im Übrigen davon aus, dass der Anwender in der Regel bereits über ein geeignetes Netzteil verfügt. Daher gehört keines zum Lieferumfang. Es ist bei Bedarf allerdings eines lieferbar.

Triage
A/B- oder A/B/C-Boxen, die ein Input-Signal wahlweise auf einen von zwei bzw. drei Ausgängen leiten, sind im Prinzip anspruchslose Standardware. ln der einfachsten Variante werden die Umschaltungen passiv direkt von elektromechanischen Schaltern erledigt. Wer auf diesem Wege mehrere Verstärker ansteuern will, sieht sich aber meist mit einem leidigen Problem konfrontiert, nämlich tieffrequenten Nebengeräuschen, verursacht durch mehrfache Masse-/Erdverbindungen, gemeinhin Brummschleifen genannt. Diese zu eliminieren erfordert sogenannte Trenntrafos. Sie unterbrechen die leitende Verbindung der Masseführung. Okay, man ahnt es schon, wenn Palmer so ein Projekt anpackt, geht es in die Vollen. Halbgare Lösungen kommen nicht in Frage. Also hat der Triage in allen drei RoutingWegen einen solchen Trenntrafo.

Außerdem kann man in jeder Sektion den Groundlift deaktivieren -also falls notwendig eben doch die Masseverbindung herstellen (helle Knistergeräusche) – und an einem Druckschalter die Phase drehen, damit bei parallelem Betrieb von zwei oder drei Amps entsprechende Probleme behoben werden können (dünner Sound durch Auslöschungen). Obendrein erlaubt ein Trimmpoti Pegelanhebungen bis maximal ca. 12 dB, entsprechend einer Vervierfachung des Pegels. Das 1:1-Pegelverhältnis erreichen die Potis in der Mittelstellung. Man kann das Signal also nicht nur lauter machen, sondern auch schwächer, leiser stellen. Die Eingangsimpedanz beträgt 1 MOhm, der Ausgang ist mit 1 kOhm angegeben und erlaubt so lange Kabelstrecken.

er Fußtaster rechts mit der Bezeichnung Sidekick ändert die Betriebsart Anstelle des wechselweisen, alternativen Aktivierens der Ausgänge können sie in einer zweiten Ebene (Sidekick-On) auch gleichzeitig, parallel aktiviert werden. Von hier zurück gelangt man durch neuerlichen Druck auf Sidekick, die (alternative) Umschaltung erfolgt aber erst wieder beim Tritt auf einen der Routing-Taster. Die Punktlandung im nächsten Part erfordert also keine Steptanzeinlage; so muss das sein.

Trinity
Dieses Pedal macht das Gegenteil vom Triage: Drei Inputs lassen sich wechselweise aktivieren bzw. auf einen Ausgang legen. Als Zusatzfunktion ist hier lediglich je ein Gain-Poti vorhanden, wieder mit einer Verstärkung bis + 12 dB; der Linksanschlag ist diesmal die 1: 1-Nullstellung. Neben den drei Eingängen und dem Main-Output hat das Trinity auch noch einen Tuner-Ausgang. Hält man einen beliebigen der drei Fußtaster etwas länger gedrückt, geht das Pedal in den Mute-Status, nun ist stilles Stimmen möglich. Kleiner Tipp am Rande: Der Tuner-Ausgang lässt sich auch als zweiter Ausgang nutzen, sodass sich hierin die Funktion einer A/B-Box versteckt.

Damit durch die Elektronik keine Klangverfälschungen entstehen (können), ist der Ausgang extra hochohmig ausgelegt. Der Verstärker sieht also sozusagen identische elektrische Verhältnisse wie bei dem direkten Anschluss eines Instruments mit passiven Spulen-Tonabnehmern. Die Eingangsimpedanz des Trinity ist mit 1 MOhm unkritisch bzw. entspricht dem Standard von Verstärkereingängen.

Thruster
Laut Namensuntertitel haben wir es hier mit einem Lead- & Top-Booster zu tun. Aha, ein Distortion-Pedal!? Schade, nein, kein Treffer, es ist ein anderer Zusammenhang gemeint. Der Thruster (zu Deutsch etwa: Drängler) beinhaltet zwei alternativ aktivierbare Klangregelmodule, mit denen sich Lead-Passagen bzw. hohe Frequenzen (Top-Boost) in den Vordergrund stellen lassen, so ist die Bezeichnung zu verstehen. Jede Sektion verfügt über einen Boost-/Verstärkungsregler und einen 4-PositionenDrehschalter, genannt Preset, zum Variieren der Funktionsweise:

Flat – linearer Boost, Anheben des Signalpegels ohne Klangveränderung.
F1 bis F3 – Frequenz-Boost bei 500 Hz, 2 kHz oder 4 kHz.
Preset-2 greift in seinen Positionen F4 bis F6 an anderen Frequenzen (1 kHz, 3 kHz, 6 kHz).

Praxis
Bleiben wir gleich beim Thruster. Ein kleiner Pegelschub ist beim Aktivieren der Presets immer garantiert, auch wenn in Position Flat das Boost-Poti auf Minimum steht. Die Wiedergabe ist extrem sauber, sehr rauscharm und so gesehen im Grunde zunächst einmal neutral. Dass subjektiv der Klang (passiver Pickups) präsenter wirkt, liegt am Buffer-Effekt der Schaltung bzw. eben dem niederohmigen Ausgang des Thrusters.
Was den Flat-Boost angeht, liegt der Nutzen des Pedals auf der Hand: Man hat zwei unterschiedliche Pegelanhebungen zur Verfügung, die z. B. im Verbund mit einem Röhren-Amp die Distortion-lntensität erhöhen können. Auf der Clean-Ebene kann der Thruster dazu dienen, zusätzliche (Master-) Volume-Pegel abrufbereit zu machen. Nutzt man die beiden Presets als Frequenz-Boost, gestaltet sich das Anpusten eines Vintage-Amps feinfühliger. Der Pegelanstieg ist insgesamt zarter, aber die Spitzen im Frequenzgang ändern nachhaltig die Klangfarbe. Was man vom Rangemaster als exzessiven Treble-Boost kennt, kann der Thruster variabel in mehreren Bereichen. Auf dem Pedalboard könnte er so z.B. auch vor einem Distortion-Pedal extremere Zerrfarben herauskitzeln, oder nachgeschaltet wie ein Mischpult-EQ den Klang nachbearbeiten. Auf jeden Fall erweist sich der Thruster als äußerst effizientes Tool, das dank seiner hervorragenden Elektronik sogar in hochpegeligen Einschleifwegen korrekt seinen Dienst versieht.

Bei den anderen beiden Router-Pedalen spielen für die Bewertung primär zwei Fragen eine Rolle: 1. Verändert sich der Klang? 2. Inwieweit entstehen Nebengeräusche? Nun, das können wir sehr schnell abhaken. Die Klangqualität ist hervorragend, das Signal entspricht im Grunde 1:1 dem Original. Der Triage brilliert außerdem mit völlig stillen Schaltwechseln. Nicht einmal an einem intensiv auf High-Gain eingestellten Amp entstehen nennenswerte Nebengeräusche, Klassenziel erreicht. Beim Trinity ist das unter den gleichen Umständen anders. Man hört im Lead-Kanal eines laut gestellten Amps durchaus ein (immer noch verhaltenes) Knacken. Diese Situation stellt aber eine rein theoretische Ausgangsposition dar, sie entspricht nicht der bestimmungsgemäßen Anwendung. Am Trinity schließt man bis zu drei Instrumente an, zwischen denen man sicher nicht wechselt wenn der Amp gerade unter Vollgas durchstartet. Heißt im Klartext, dass auch das Trinity den Test funktional vollkommen einwandfrei bestanden hat.

Resümee
Palmers kleine Helfer erweisen sich als Tools mit höchstem Qualitätsanspruch. Dank aufwendiger Elektronik verrichten sie ihre Arbeit ohne die Signalgüte zu beeinträchtigen. Die sinnvolle Ausstattung garantiert hohen Gebrauchswert. Funktional sticht insbesondere der Triage hervor, da es für das Ansteuern mehrerer Amps perfekt ausgestattet ist. Angesichts des hohen, kostenintensiven technischen Aufwands ist sein Preis-/Leistungsverhältnis sicher unkritisch. Gleiches gilt für das Trinity und den im Moment auf dem Markt einzigartigen Thruster. Fazit: Ohne Einschränkung empfehlenswert.

Plus

• Signalgüte
• Dynamik/Transparenz
• Konzeption/Ausstattung
• sehr geringe Nebengeräusche
• Verarbeitung/Qualität der Bauteile

Weitere Infos zu den getesteten Produkten finden Sie hier.

TRIAGE: http://www.palmer-germany.com/mi/de/TRIAGE-Amp-Selector-PTRIAGE.htm

TRINITY: http://www.palmer-germany.com/mi/de/TRINITY-Instrument-Selector-PTRINITY.htm

THRUSTER: http://www.palmer-germany.com/mi/de/THRUSTER-Lead_Top-Booster-PTHRUSTER.htm

 

Quelle: Gitarre & Bass Magazin, Deutschland, März 2010

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