Palmer DREI – Testbericht von fuzz.se

FUZZ testet den handgefertigten Röhrenverstärker Palmer Drei – ein pfiffiges kleines Topteil mit innovativer Röhrentechnik zu einem vernünftigen Preis.

Palmer ist schon seit zwanzig Jahren Marktführer im Bereich der Speaker-Simulation. Seit ein paar Jahren setzt der deutsche Hersteller nun vermehrt auf die Entwicklung günstiger Gitarrenverstärker und Custom-Lautsprecher und kommt damit bei Kunden und Medien sehr gut an. Der Drei ist ein nettes kleines Gitarren-Topteil im 50er-Jahre-Design und mit in deutscher Sprache beschrifteten Bedienelementen.

Bei genauerem Hinsehen fallen einem die drei großen „Endstufen“-Regler auf, was schon auf drei getrennte Röhrenendstufen hindeutet.

Was genau hat es damit auf sich? Nachdem er im Lauf der Jahre die verschiedensten Röhrenverstärker gespielt hatte, entwickelte Palmer-Chefentwickler Markus Torvinen ein ebenso einzigartiges wie revolutionäres technisches Konzept, bei dem sich bis zu drei Röhrenendstufen über ein und denselben Ausgangsübertrager betreiben lassen. So kommt der Amp auf eine Ausgangsleistung von fünf plus fünf plus fünf Watt. Da mir der technische Hintergrund fehlt, um Torvinens Entwicklung genauer zu verstehen, habe ich mich an verschiedene Experten gewandt, die allerdings nur die Augen verdrehten und das Konzept als Unsinn abtaten. Doch der Palmer Drei ist keineswegs ein Fantasie-Produkt, sondern steht seit drei Wochen ganz real in meinem Wohnzimmer und klingt einfach großartig.

Das Konzept des Palmer Drei ist trotz der deutschen Beschriftung der Anschlüsse und Regler auch für Nicht-Deutsche einfach zu verstehen. Der Tone-Regler heißt hier „Klang“, die drei Master Volumes „Endstufen“, der Standby-Schalter „Bereit“ und der Power-Schalter „Strom“.

Die Rückseite ist ähnlich klar strukturiert und bietet drei Lautsprecherausgänge mit vier, acht und sechzehn Ohm sowie eine praktische Service-Klappe, über die man die drei Endstufen einfach erreicht.

Ich habe den Palmer Drei mit einer 2 x 12″ Lautsprecherbox mit alten Celestion Blue AlNiCo Lautsprechern und vier verschieden Gitarren mit unterschiedlichen Tonabnehmern getestet. Der Test-Verstärker ist mit Röhren vom Typ 6V6, EL84 und 6L6 bestückt, also teste ich die Endstufen zunächst einzeln, um zu hören, ob der klassische Klangcharakter originalgetreu wiedergegeben wird.

Die EL84, deren Klang ich am besten kenne, liefert sehr laute fünf Watt und einen Sound, der dem eines klassischen Vox sehr nahe kommt. Die 6V6 hat einen ganz anderen Charakter, der eher in Richtung eines 50er Jahre Tweed Deluxe oder Gibson GA geht. Die 6L6 dagegen liefert den kraftvollen Grundsound eines klassischen Bassman.

Schon nach wenigen Minuten ist klar, dass der Drei all meine Anforderungen erfüllt. Der Vorverstärker ist von höchster Qualität, und ich merke schnell, dass ich den Charakter der jeweiligen Gitarre mit den Reglern „Normal“ und „Höhen“ in kurzer Zeit herausarbeiten kann. Bei Singlecoils drehe ich den „Normal“-Regler etwas weiter auf, bei Humbuckern oder Tonabnehmern mit vielen Windungen hebe ich den „Höhen“-Regler an.

Um einen kraftvollen Grundsound mit einer sanften, aber klar definierten Übersteuerung zu bekommen, drehe ich zunächst die EL84-Stufe auf Dreiviertel auf. Mit den Reglern „Normal“ und „Höhen“ in Mittelstellung klingt der Amp wie mein alter Vox, allerdings etwas moderner und frischer. Drehe ich jetzt die 6V6-Röhre auf, kommt zu dem bereits guten Grundsound ein neues Element hinzu und – und das ist wirklich neu – zusätzliche Obertöne entstehen. Das klingt einfach toll. Drehen wir jetzt mit der 6L6 die letzte Röhre dazu, wird der Sound noch kräftiger und das Klangbild wird um einen dritten Oberton-Typ erweitert. Das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Die Terzen, Quarten, Quinten und Oktaven sind deutlich zu hören. Ich kann mich, ehrlich gesagt, nicht erinnern, etwas Ähnliches schon einmal gehört zu haben, es sei denn auf drei unterschiedlichen, sehr guten Verstärkern.

Als nächstes schließe ich eine zwölfseitige Gitarre an und habe in knapp einer halben Minute einen Sound, der auf jeder Tom-Petty-Scheibe eine gute Figur machen würde. Die einzelnen Saiten und Obertöne werden differenziert wiedergegeben und jeder Ton klingt kristallklar. Über die Vorstufe kann ich noch etwas Verzerrung hinzufügen und über die Lautstärke-Regler der Endstufen eine saubere, komprimierte Verzerrung erzeugen sowie die Dominanz einzelner Röhren im Gesamtklang herausarbeiten. Ich bin überrascht, dass es mir hier vor allem die 6V6 oder 6L6 als dominante Röhre angetan hat. Vielleicht ist das der Reiz des Neuen, schließlich habe ich in den vergangenen 25 Jahren fast ausschließlich Vox-Verstärker mit EL84 und EL34 Endstufenröhren gespielt.

Mit einer Stratocaster und einer Les Paul klingt der Amp genauso gut. Auch hier ist der gewünschte Sound schnell und einfach eingestellt. Der Drei ist definitiv ein Studio-Verstärker ganz nach meinem Geschmack, und mit seinen fünf plus fünf plus fünf Watt macht er auch auf der Bühne eine gute Figur, zumal man dort sowieso nicht über die 100-Dezibel-Marke aufdrehen darf. Funktioniert das Konzept auch bei härterer Musik? Aber sicher, gar kein Problem! Ich schließe verschiedene Verzerrerpedale an und kann damit schnell all die coolen Gitarrensounds von 1968 bis heute erzeugen. Der große Dynamikumfang könnte sich beim Doppeln von Gitarrenspuren als harte Nuss erweisen, andererseits kann man ja ganz einfach in den einzelnen Spuren jeweils andere Obertöne hervorheben.

GESAMTURTEIL
Der Palmer Drei klingt gut, besser, am besten – im Ernst: er ist wirklich ziemlich fantastisch und locker das Dreifache seines Preises von 1.100 Euro wert. Ich versuche verzweifelt, irgendeine Schwachstelle zu finden, aber das ist verdammt schwer! Die automatische Vorspannungsregelung erleichtert den Röhrenwechsel. Der Verstärker ist klein, kompakt und einfach zu transportieren. Die Lautsprecherausgänge sind für unterschiedliche Impedanzen ausgelegt. Es gibt wirklich keinen Grund, dem Drei die Bestnote zu verweigern. Studiobetreiber und audiophile Gitarristen sollten den Palmer Drei unbedingt ausprobieren – also bittet Euren Fachhändler, Euch ein Testgerät zu bestellen.

MERKMALE
Palmer Drei
• Röhrenverstärker mit fünf + fünf + fünf Watt und drei separaten Endstufenröhren
• Ausgangsröhren-Optionen: 6V6, EL84, EL34, 6L6, KT77, KT90
• Ausgänge mit 4, 8 und 16 Ohm
• Preis: 1100 €

Weitere Informationen über den Palmer DREI unter http://www.palmer-germany.com/mi/de/DREI-3-fach-Eintaktverstarker-PDREI.htm

Quelle: http://fuzz.se, Schweden, 2012.

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