Lautsprecher Simulation von Palmer – Alles was Sie wissen müssen
Keith Richards konnte “nicht Nein sagen zu dem Ding”, das seit seiner Vorstellung 1989 schnell den Weg in die Rigs so großartiger Gitarristen wie Eddie Van Halen oder Joe Bonamassa fand und auf zahllosen Songs zu hören ist. Das “Ding” ist der Palmer Speaker Simulator, der bald die Produktbezeichnung PDI-03 bekam und heute einen nahezu legendären Ruf genießt. Er ist im Studio genauso zuhause wie auf der Bühne und die “Mutter” aller Palmer-Tools zur Bearbeitung von Verstärker-Signalen.
Sinn der Lautsprecher-Simulation ist, immer und überall einen gleichbleibenden Klang zu erzielen, der nicht vom Übersprechen anderer Instrumente oder der Raumakustik beeinflußt wird. Dabei kann die für den “guten Ton” so wichtige Übersteuerung der Endstufe ohne Lautstärkeprobleme genutzt werden, auch bei wattstarken Röhrenamps ohne Master-Volume.
Lautsprecher– Simulation – worauf kommt es an?
Wie der Name vermuten läßt, soll der Speaker Simulator einen Lautsprecher nachahmen. Dabei sind vor allem die Funktion und der Klang von Gitarren-Lautsprechern wesentlich: sie bilden eine Last, die Röhrenverstärker benötigen, und wandeln ihr elektrisches Ausgangssignal in Töne. Da die lineare Wiedergabe des Gitarrensignals nicht gerade aufregend klingt, sind Gitarrenlautsprecher auf ihren speziellen Einsatz zugeschnitten. Ihr Frequenzgang erinnert mit seinen Höhen und Senken eher an ein Alpenpanorama und reicht nur von ungefähr 70Hz bis 5kHz. Daraus folgt natürlich, daß ein Speaker Simulator diesen charakteristischen Klang und die Last-Funktion möglichst exakt nachbilden sollte.
Klang- Simulation
Beim Gitarrenklang wird oft zwischen “amerikanisch” und “britisch” unterschieden. Die Bezeichnungen beziehen sich zum einen auf die beiden “großen” Verstärkerhersteller, andere Marken werden nur selten berücksichtigt. Dabei geht es meist auch um die Endröhrenbestückung, die vor allem bei Übersteuerung einen wesentlichen Einfluß auf den Klang ausübt, und hier stehen die “amerikanischen” 6V6 und 6L6 den europäischen Typen EL84 und EL34 gegenüber. Zuletzt ist die Charakteristik der Lautsprecher gemeint, auch wenn hier grob verallgemeinert wird. Beim “britischen” Sound spricht man eigentlich nur von einem Fabrikat, und auf der “amerikanischen” Seite werden zahlreiche Hersteller über einen Kamm geschoren. Aber klingt das grüne Modell nun “britischer” als das in lila, die italienische Replik mit Alnico-Magnet vielleicht sogar „amerikanischer“ als ein US-Original mit Keramik-Magnet? Grundsätzlich kann man sagen, daß „amerikanische“ Lautsprecher meist einen glatteren Frequenzgang aufweisen als „britische“, die eher die oberen Mitten und Höhen anheben. In Verbindung mit dem Verstärker und den Endröhren sind so zahllose Klangvarianten möglich, und rückseitig offene Gehäuse oder 4×12-Türme und Halfstacks bewirken einen weiteren Unterschied.
Zur variablen Nachbildung des typischen Frequenzgangs von Gitarrenlautsprechern und der Gehäusecharakteristik besitzt der Speaker Simulator PDI-03 schaltbare Klangfilter. Sie wählen mit den Presets DEEP und FLAT die kräftigen Bässe einer geschlossenen 4×12-Box oder die ausgewogene, luftige Wiedergabe eines offenen Combo-Amps. Eine zweite Fillterbank stellt mit MELLOW einen bluesigen „amerikanischen“ Ton ein, die Position NORMAL erzeugt den typischen Hochmitten-Biß, der mit „britischen“ Lautsprechern assoziiert wird. BRIGHT bewirkt eine weitere Höhenanhebung, die sich vor allem für „funky“ Clean-Sounds und aggressiv verzerrte Parts eignet. Der PDI-05 besitzt die gleichen Schaltmöglichkeiten für jeden seiner beiden Kanäle.
The Junction PDI-09 ist eine spezielle DI-Box, die zwischen Verstärker und Lautsprecher geschaltet wird und die Mikrofonabnahme ersetzt. Sie filtert den Frequenzgang des Verstärkersignals und wandelt es auf Line-Pegel. Ein Schiebeschalter stellt die Lautsprechercharakteristik MELLOW, NORMAL oder BRIGHT ein.
Bei den Modellen PGA-04 und PGA-05 übernehmen Drehregler die Funktion der Preset-Schalter zur kontinuierlichen Einstellung von Höhen und Tiefen. Ähnlich dem DEEP/FLAT-Schalter des PDI-03 wählt dazu ein Taster in der Position BROWN eine mittenbetonte, dunklere Wiedergabe und mit LITE einen offenen und transparenten Sound. Die Simulation ist hier moderner abgestimmt und besonders für Hi-Gain- und Metal-Sounds geeignet. Für besonders aggressive Sounds kann das ungefilterte Verstärkersignal mit und ohne Höhenabsenkung zugemischt werden.
Last- Funktion
Röhrenverstärker benötigen zum sicheren Betrieb unbedingt eine Last an ihrem Ausgang, und normalerweise übernimmt der Lautsprecher diese Funktion. Er wird von der Ausgangsspannung des Verstärkers angetrieben und in Schwingungen versetzt, die so erzeugten Schallwellen werden als Töne wahrgenommen.
Zum sicheren Betrieb eines Röhrenverstärkers ohne Lautsprecher muß eine Ersatzlast angeschlossen sein, die sogenannte Dummy Load. Hierzu eignen sich sowohl frequenzunabhängige wie frequenzabhängige (= lineare und nicht lineare) Lasten, die auch als „ohmsche“ und „reaktive“ Last unterschieden werden und die Ausgangsleistung des Verstärkers in Wärme umwandeln. Nun stellen Lautsprecher selbst eine reaktive Last dar. Ihr Stromwiderstand wird mit Impedanz bezeichnet und in Ohm angegeben. Der Wert ist dabei lediglich nominell, da die Impedanz frequenzabhängig ist und über den Wiedergabebereich des Lautsprechers stark variiert. So können bei einem 8 Ohm-Modell beispielweise Werte von ca. 6 bis zu 100 Ohm auftreten (mehr dazu im Folgenden unter „Impedanzanpassung“).
Zur optimalen Nachbildung dieses komplexen Impedanzverhaltens und Betrieb des Verstärkers ohne Lautsprecher besitzen die Palmer Speaker Simulator-Modelle PDI-03 und PGA-04 eine integrierte reaktive Last, die mit maximal 100 Watt belastbar ist.
Dual Loadbox PLB2X8 und Power Pad PDI-06
Die Stereo-Geräte PDI-05 und PGA-05 sind ursprünglich für Preamps entwickelt, die keine Last benötigen. Soll hier das Verhalten einer Endstufe in die Simulation miteinfließen, ist die Dual Loadbox PLB2X8 mit zwei reaktiven Lasten die ideale Ergänzung. Sie ermöglicht den Einsatz von PDI-05 und PGA-05 mit Preamp und Endstufe ohne Lautsprecher.
Der Power Pad PDI-06 ist hauptsächlich als “Power Attenuator” konzipiert und wird zwischen Verstärker und Lautsprecher geschaltet. So lassen sich auch die Endstufen leistungsstarker Amps übersteuern, die hohe Lautstärke läßt sich am Power Pad bis auf Wohnzimmerpegel herunterregeln. Der PDI-06 bietet zusätzlich die Funktion als Dummy Load, die z.B. den “stummen” Betrieb von Amps mit frequenzkorrigierten Ausgängen (Recording Out) erlaubt.
Die Dual Loadbox PLB2X8 und der Power Pad PDI-06 können natürlich auch an Stelle eines Lautsprechers an die PDI-09 angeschlossen werden, die so als Speaker Simulator zum “geräuschlosen” Aufnehmen genutzt werden kann.
Impedanzanpassung
Für optimale Leistung und sicheren Betrieb sollten die Ausgangsimpedanz des Verstärkers und die Lautsprecherimpedanz immer übereinstimmen. Bei den meisten Amps kann die Impedanz auf der Rückseite gewählt werden, manche besitzen stattdessen mehrere Lautsprecherbuchsen für die gängigen Werte von 4, 8 und 16 Ohm. Nur wenige Verstärker haben eine Ausgangsimpedanz von 2 Ohm.
Die Leistung, die ein Verstärker liefern kann, wird bei dem nominellen Ohm-Wert des Lautsprechers gemessen. Schließt man beispielsweise einen 16 Ohm-Lautsprecher an einen Transistoramp an, dessen maximale Leistung mit 4 Ohm Ausgangsimpedanz angegeben ist, fällt die Verstärkerleistung deutlich ab, ein Schaden ist aber nicht zu befürchten. Eine zu geringe Last dagegen kann die Transistoren überhitzen.
Bei Röhrenamps sieht das ganz anders aus: ihr Ausgang „erwartet“ konstruktionsbedingt einen bestimmten Lastwert. Ohne angeschlossenen Lautsprecher ist dieser Wert zu hoch (fehlende Last = unendlich hoher Widerstand), und der vorgesehene Strom kann nicht fließen. Das versucht die Röhrenendstufe auszugleichen, indem sie die den Strom „treibende“ Spannung (= der Potenzialunterschied zwischen den Polen der Ausgangsbuchse) erhöht. Wird dabei die Isolationsfestigkeit eines Bauteils überschritten, kommt es zum Spannungsüberschlag, der typischerweise zur Zerstörung des Bauteils führt. Hier sind gerade die Endröhren, ihre Sockel und der Ausgangsübertrager gefährdet. Liegt die Lastimpedanz unter der Ausgangsimpedanz des Verstärkers, kann mehr Strom fließen als vorgesehen. So werden die Endröhren übermäßig beansprucht und verschleißen schnell, das Schadensrisiko ist hier allerdings geringer.
Ein Röhrenamp sollte also nie mit einer Last betrieben werden, die über seiner Ausgangsimpedanz liegt (z.B. 4 Ohm an 8 oder 16 Ohm-Lautsprecher), eine Abweichung nach unten ist weniger gefährlich, sollte aber den halben Wert nicht unterschreiten (16 Ohm an 8 Ohm-Lautsprecher, 8 Ohm an 4 Ohm-Lautsprecher). Grundsätzlich sollten Fehlanpassungen jedoch vermieden werden, da sie nicht nur die Verstärkerleistung, sondern auch den Klang beeinträchtigen.
Die Palmer-Modelle PDI-03 und PGA-04 mit integrierter Dummy Load sind in 2, 4, 8 und 16 Ohm-Versionen erhältlich und mit 100 Watt belastbar. Damit gibt es für nahezu alle Gitarrenverstärker von Vintage bis modern die passende Ausführung.
Die Dual Loadbox PLB2X8 mit zwei 8 Ohm-Lasten kann auch mono mit 4 oder 16 Ohm Impedanz betrieben werden, hierbei verdoppelt sich die Belastbarkeit auf 200 Watt.
Der Power Pad PDI-06 wird in 4, 8 und 16 Ohm-Ausführungen angeboten und ist mit maximal 120 Watt belastbar.
Anwendungen – welcher Speaker Simulator ist der Richtige?
Mit unterschiedlichen Modellen, der Dual Loadbox und dem Power Pad bietet Palmer ein Höchstmaß an Flexibilität bei der Lautsprecher-Simulation und die perfekte Lösung für jede Situation. Grundsätzlich sind alle Geräte für den Live-Einsatz ebenso geeignet wie zum Aufnehmen.
PDI-03 und PGA-04 sind durch ihre integrierte Dummy Load die idealen Komplettpakete für Combo-Verstärker und Topteile. Werden Lautsprecher an die SPEAKER THRU-Buchse angeschlossen, ist die interne Last automatisch deaktiviert. So ist eine gleichzeitige Mikrofonabnahme zum Vergleich und Zumischen möglich. Beim PDI-03 liegt an vier LINE OUT-Buchsen zusätzlich das ungefilterte Verstärkersignal an, das zum Ansteuern von Effektgeräten, Reamping oder Bearbeiten mit Software genutzt werden kann, z.B. Konvolution mit Lautsprecher-Impulsantworten.
PDI-05 und PGA-05 eignen sich besonders für Stereo-Preamps und Multieffektgeräte. Sie können natürlich auch mit Preamp-Endstufen-Kombinationen eingesetzt werden. Dazu werden für den Live-Betrieb Lautsprecher angeschlossen, die im Studio durch die Dual Loadbox PLB2X8 zum “lautlosen” Aufnehmen ersetzt werden können. Die beiden Geräte unterscheiden sich wie PDI-03 und PGA-04 durch die Regelmöglichkeiten und Abstimmung der Simulation: hier steht eine eher “klassische” Vintage-Charakteristik einer moderneren, aggressiveren Klangfärbung gegenüber.
The Junction PDI-09 ist ebenso flexibel einsetzbar. Zwischen Verstärker und Lautsprecher geschaltet liefert sie ein simuliertes Signal, das über das Mischpult auf die PA gelegt wird – sie ist damit eine äußerst praktische Alternative zur Mikrofonabnahme. Mit der Dual Loadbox PLB2X8 oder dem Power Pad PDI-06 als Last an der THRU-Buchse wird die PDI-09 zum vollwertigen Speaker Simulator. Der Power Pad PDI-06 bietet hier eine besonders interessante Möglichkeit: er erlaubt mit angeschlossenen Lautsprechern den Betrieb eines vollausgesteuerten Verstärkers bei jeder Lautstärke und gleichzeitiger Abnahme des Amps durch die PDI-09!
Noch eine Anwendung sollte nicht unerwähnt bleiben: auch die bunten Bodentreter können mit einem Palmer Speaker Simulator gefiltert und direkt in ein Mischpult oder Aufnahmegerät eingespielt werden. So gewinnen z.B. Overdrive-, Distortion- und Amp-In-A-Box-Pedale einen überraschend authentischen Klang, und der Lieblings-Zerrer wird mit der PDI-09 und einem guten Monitorsystem zum bühnen- und studiotauglichen Minimal-Setup.
Weitere Infos zu den Produkten finden Sie unter:
http://www.palmer-germany.com/mi/de/Speaker-Simulators.htm
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