Palmer Fat 50H & PCAB112RGN – Testbericht von fuzz.se
Der Palmer Fat 50H ist ein Röhren-Topteil aus Deutschland. Die Lautsprecherbox PCAB112 ist mit einem 12″ Eminence ReignMaker Lautsprecher mit der FDM-Attenuation-Funktion bestückt.
Wie der Name andeutet, handelt es sich bei dem FAT 50H um ein 50 Watt Topteil mit zwei 5881 Röhren in der Ausgangsstufe. Da Palmer bei der Konstruktion jegliche Transistor-Schaltungen vermeiden wollten, ist selbst der Einschleifweg in Röhrentechnik gehalten.
Bei einfachen Verstärkern sorgt meist schon ein Blick auf die Abbildung des Bedienfeldes bzw. der Vorderseite für Klarheit, aber da der Fat 50 einige sehr clevere Lösungen zu bieten hat, möchte ich etwas mehr ins Detail gehen. Die beiden Kanäle teilen sich mehr oder weniger die Klangregelung. Im Drive-Kanal gibt es neben den Reglern für Bass, Mid und Treble eine Drive Presence, mit der sich der Höhenanteil in der Ausgangsstufe steuern lässt, sowie ein Drive Volume, mit dem sich beide Kanäle in Bezug aufeinander aussteuern lassen.
Das Reverb ist als Federhall mit einer relativ langen Nachhallzeit ausgeführt.
Im Lieferumfang ist ein Fußschalter mit vier Tastern enthalten. Ein Taster schaltet die Kanäle um, ein anderer aktiviert das Reverb. Die beiden übrigen Taster sind einer der Gründe für die Vielseitigkeit des Fat 50H. Gain ist eine Boost-Funktion, die vor dem Preamp sitzt. Gain macht den Clean-Kanal zu einem Crunch-Kanal, während sich der Drive-Kanal in einen Heavy-Lead-Kanal verwandelt. Der vierte Taster des Fußschalters löst eine Boost-Funktion in der Ausgangsstufe aus, das so genannte Second Level. Auf der Rückseite befindet sich ein Regler, mit dem man ein zweites Master Volume, beispielsweise einen alternativen Pegel für Solo-Passagen, einstellen kann.
Ebenfalls auf der Rückseite findet man neben den Sicherungen und Lautsprecher-Anschlüssen den Röhren-gepufferten Effekt-Loop: Dank dem zugehörigen Mix-Regler kann man den Loop wahlweise parallel oder seriell (oder in jeder Mischstufe dazwischen) verwenden.
Der Verstärker wird in Deutschland gefertigt, und all die positiven „Vorurteile“, die wir gegenüber deutschen Industrieprodukten haben, bewahrheiten sich auch in diesem Fall. Sowohl der Fat 50H als auch die Lautsprecherbox sind extrem stabil konstruiert und ich würde beide ohne Zögern auf jede noch so heftige Tour mitnehmen. Angesichts der extrem hochwertigen Verarbeitung halte ich die unverbindliche Preisempfehlung von 950 Euro für den Combo für absolut angemessen bzw. fast schon für günstig. Das Topteil kostet ca. 900 Euro, die getestete Lautsprecherbox liegt bei 340 Euro.
Klang und Spielbarkeit. Ich spiele sehr gerne mit einem funky-knackigen Kompressor, der jede Menge Headroom benötigt. Also habe ich eine Strat umgeschnallt, den Clean-Kanal ohne Gain angewählt und den Fat 50 so eingestellt, wie ich das für gewöhnlich tue – und dann fing ich an zu spielen. Was ich in diesem Moment zu hören bekam, war ein Sound mit extrem schnellem und klarem Attack und sehr kraftvollen Mitten. Daraufhin habe ich die Mitten zurückgenommen und die Höhen etwas angehoben und erhielt so einen cleanen Sound, der sich perfekt für Funk, R’n’B, Country, Roots und die meisten Pop-Sachen eignet und dennoch genug Headroom bietet. Wenn das nicht reicht, wäre der nächste Schritt wohl, den Verstärker zu mikrofonieren und sich einen guten Hörschutz zu besorgen. Wenn ich für einen Funk-, Pop- oder Country-Gig die Wahl zwischen einem Fender Twin und einem Fat 50H hätte, würde ich mich ohne Zweifel für den Fat 50 entscheiden.
Ich habe mich natürlich gefragt, wie der Drive-Kanal auf eine EQ-Einstellung reagiert, die für einen Clean-Sound optimiert ist. Häufig funktioniert das nicht ohne Probleme. In diesem Fall ergab sich allerdings ein sehr ausgewogenes Frequenzbild, das perfekt zum Strat-typischen Sound passte. Ich weiß nicht, ob Palmer das so geplant bzw. wie sie es gelöst haben, aber für meine Begriffe ist die Umschaltung zwischen dem cleanen und übersteuerten Kanal mit identisch eingestelltem EQ absolut kein Problem.
Anschließend wechselte ich wieder zum Clean-Kanal und aktivierte das Gain, worauf die Signalenergie merklich angehoben wurde und der Kanal extrem dynamisch reagierte: Ich konnte das Maß an „Dreck“ im Signal alleine über die Anschlagsstärke steuern. Es hat richtig Spaß gemacht, mit diesem Sound knackige Rock- und Blues-Riffs rauszuknallen. Durch die dynamische Ansprache hat man das Gefühl, als würde man mit dem Plektrum gleichzeitig die Saite und die Lautsprecher-Membran anschlagen. Nun zum Drive-Kanal mit aktivem Gain. Jetzt wurde es richtig heavy, obwohl sich die Übersteuerung immer noch gut kontrollieren ließ: Ein Single Coil in der Halsposition klingt dabei nicht so spitz, was mir persönlich gut gefällt. Mit Drive in der 4-Uhr-Stellung und aktivem Gain erzielt man jede Menge Distortion: Für meinen Geschmack reicht das locker für Heavy Rock, auch wenn Leute, die Metal und ähnliches spielen, wahrscheinlich trotzdem noch einen Effekt vorschalten werden.
Nachdem ich zwischen beiden Kanälen hin und hergeschaltet und mit dem Gain experimentiert hatte, bemerkte ich erst, dass ich die Klangreglung nicht ein einziges Mal angepasst hatte. Häufig muss man die Regler verändern und dann wieder zurückstellen oder abhängig von der Kanalumschaltung einen Kompromiss finden, der für beide Kanäle funktioniert, aber hier funktioniert das auch so – ich habe nicht einmal darüber nachgedacht. Ganz und gar nicht übel! Es ist absolut klasse und praktisch, wenn man einen cleanen Sound einstellen kann, der dann mit allen Kanälen funktioniert. Darüber hinaus gibt es aber zudem die Möglichkeit, einen Kanal des Topteils bei Bedarf über Drive Presence anzupassen.
Second Level funktioniert perfekt und eigentlich sollte diese Funktion für alle neu entwickelten Amps zur Pflicht erklärt werden. Mit seinen zwei Kanälen, dem schaltbaren Gain und Second Level liefert der Amp die gewünschten Gain-Einstellungen in zwei verschiedenen Lautstärkepegeln – und das, obwohl der Amp nicht programmierbar ist. Für mich ist das vollkommen ausreichend.
Der Lautsprecher ist natürlich extrem wichtig für den Sound und der ReignMaker von Eminence eignet sich sowohl für den cleanen als auch für den verzerrten Kanal des Verstärkers. Das Coole an diesem Lautsprecher ist, dass er auf der Rückseite einen Dämpfungsregler für die so genannte „FDM Attenuation“ bietet. So kann man die Ausgangsstufe des Amps voll ausfahren, um eine fette, gesättigte Verzerrung zu realisieren, und dann die Ausgangslautstärke der Lautsprecherbox über den Regler auf der Rückseite des Lautsprecher-Treibers einstellen. Ich habe es ausprobiert und es hat ohne Probleme funktioniert. Mein anfängliche Skepsis war hier absolut unbegründet. Der Regler ist allerdings im Inneren der Lautsprecherbox zu finden: Entsprechend ist es praktisch unmöglich, den Regler von Song zu Song anzupassen. In der Praxis ist das nicht weiter problematisch: Der Fat 50 verfügt über ein gutes Master Volume und in Kombination mit dem Treiber ist das auch so eine sehr flexible Lösung.
Fazit. Heutzutage verfolgen viele etablierte Hersteller mit den so genannten „Lunch Box“ Verstärkern das Konzept ebenso kompakter wie teurer Amps. Daher ist es für uns Gitarristen großartig – und für die Mitbewerber eine Herausforderung – dass Palmer mit dem Fat 50 einen funktional ausgefuchsten und gleichzeitig erschwinglichen Verstärker mit einem mächtigen Sound vorstellt, der für sehr viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Ansprüchen eine Menge zu bieten hat. Ich behalte Palmer zukünftig genau im Auge.
MERKMALE
• Röhren-Topteil
• 50 Watt
• 12AX7 Röhre in der Vorstufe
• 2 x 5881 Röhren in der Ausgangsstufe
• Zwei Kanäle
• Gain-Boost
• Second-Level-Boost in der Ausgangsstufe
• Röhren-gepufferter Effekt-Loop mit Mix-Funktion
• Preise:
Fat 50 Combo: 950 Euro
Fat 50H: 900 Euro
PCAB112RGN mit Eminence ReignMaker und FDM Attenuation: 340 EUR
Alle Informationen zu diesem Produkt finden Sie auch unter: http://www.palmer-germany.com/mi/de/FAT-50-Rohren-Topteil-50-W-PFAT50H.htm bzw. http://www.palmer-germany.com/mi/de/CUSTOM-MADE-CABINETS-Gitarrenbox-1-x-12-mit-Eminence-Reignmaker-8-Ohm-PCAB112RGN.htm
Quelle: http://www.fuzz.se/econtent/2611, Schweden,01/2012
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