Palmer Fat 50 Combo – Klein, schwarz und fett mit 50 – Testbericht von Amazona.de

Kinder, wie die Zeit vergeht. Ist es wirklich schon über 30 Jahre her, dass ich erstmals den angloamerikanisch klingenden Namen Palmer vernahm, um mich dann aufklären zu lassen, dass es sich um eine deutsche Firma handelt? Seitdem tauchte das 1980 gegründete Unternehmen aus Neu-Anspach immer wieder in meiner Wahrnehmung auf, sei es durch die legendären, hauseigenen Speaker-Simulationen, interessante Detaillösungen im Pedalbereich oder aber kleinen Helferlein, welche oft benötigt, aber selten zu finden waren.
Palmer Fat 50 Combo - Klein, schwarz und fett Mit 50 - Testbericht von amazona.de
Dass das zehnköpfige Unternehmen auch vollwertige Verstärker in Combo- und Head/Cabinet Format fertigt, hat sich mir, mea culpa, erst in den letzten Jahren erschlossen. Neben interessanten Neuentwicklungen findet sich dabei auch ein klassischer, zweikanaliger Vollröhrenamp namens FAT 50, welcher als Combo oder Head erhältlich ist. Dabei setzt Palmer auch in diesem Segment konsequent auf „Made in Germany“ und zwar nicht nur in der Entwicklungsabteilung, sondern auch im Sinne von „Designed, engineered and assembled in Germany“, wie ein Aufdruck nicht ohne Stolz erkennen lässt.

Über mangelnde Konkurrenz wird sich Palmer in dieser Kategorie nicht beklagen können, kämpfen doch ganze Heerscharen von traditionellen Mitbewerbern oder neuen Emporkömmlingen mit der Company nördlich von Frankfurt am Main um die vordersten Plätze der Käufergunst. Um hier zu punkten, müssen Konzeption, Verarbeitung und nicht zuletzt der Klang Bestwerte generieren, will man nicht vom Werbebudget der Konkurrenz erschlagen werden.

Klangbeispiele finden Sie hier: http://www.amazona.de/test-palmer-fat-50-combo/

Konstruktion
Hebt man den Palmer Fat 50 Combo das erste Mal aus seiner Verpackung, erscheint ein klassischer Combo, welcher mit den Abmessungen 580 x 500 x 270 mm geradezu handlich erscheint, jedoch aufgrund seiner Konstruktion mit immerhin knapp 30 Kilogramm zu Buche schlägt. Zarte Frauenarme dürften hier die Segel streichen. Der Combo ist von schwarzem, strapazierfähigem Kunstleder überzogen, verfügt über die handelsüblichen Eckenschoner und ist sehr gut verarbeitet. Als Lautsprecher kommt ein 12-Zoll Govenor vom Eminence zum Einsatz, dessen roter Korb sich optisch vom schwarzen Gesamteindruck des Amps abhebt. Der massive Magnet lässt auf jede Menge Headroom schließen und entpuppt sich zudem auch als magnetischer Halter für den Fußschalter.

Der Palmer Fat 50 Combo bietet zwei Kanäle, wobei sich beide Kanäle in Low- und High-Gain unterteilen lassen. Betrieben wird der Combo von insgesamt vier 12AX7A Vorstufen- und zwei 5881 Endstufenröhren, einer robusteren Version der 6L6-Variante. Alle vier Sounds teilen sich eine vierbandige Klangregelung (Bass, Mid, Treble, Presence), wobei ein Bright-Boost für ein vorgelagertes Shaping sorgt. In der Master-Sektion finden wir einen Reverb- und den Mastervolume-Regler, zwei Miniswitches schalten zwischen den insgesamt vier Grundsounds. Am Boden des Combos ist eine Hallspirale in eine Tasche eingelassen. Soweit, so klar.

Interessant wird es jedoch, wenn man den mitgelieferten Fußschalter nebst der Rückseite des Combos in Augenschein nimmt. Allein der Fußschalter zeigt einmal mehr, dass Palmer sich über die kleinen Details, welche doch letztendlich so wichtig sind, Gedanken macht. Nicht nur, dass der Schalter als Heavy-Duty-Ausführung erscheint. Das untere Standblech, welches durch eine Gummiauflage auf glatten Flächen Standsicherheit gewährleistet, ist auf der Stirnseite verlängert und bietet über zwei kleine Bohrlöcher die Möglichkeit, den Schalter fest auf einem Pedalboard zu verschrauben. Wer viel live spielt weiß, wie wichtig solche scheinbar zweitrangigen Details sind!
Hebt man den Palmer Fat 50 Combo das erste Mal aus seiner Verpackung, erscheint ein klassischer Combo.
Neben Gain, Channel und Reverb findet sich zudem rechts außen ein Volume-Switch, mit dem man eine zuvor auf der Rückseite des Verstärkers eingestellte zweite Mastervolume-Lautstärke abrufen kann. Gerade wenn man nicht mit einem festen FOH zusammen arbeitet oder aber die quengeligen Kollegen im Solo kurzfristig nach mehr Dampf verlangen, ist ein zweiter Master die Wucht in Tüten. Sehr schön auch der FX-Loop, welcher über einen Drehregler nahtlos zwischen seriellem und parallelem Betrieb überblenden kann. Rechtsanschlag gleich serieller Betrieb (Modulationseffekte etc.), Linksanschlag gleich paralleler Betrieb (Raumeffekte etc.).

Sollte man auf großen Bühnen auf die Unterstützung von Cabinets zurückgreifen wollen, kein Problem. Insgesamt vier unterschiedliche Buchsen lassen Anschlussvariationen in Form von 1x 8Ω, 2x 8Ω, 1x 16Ω und 2x 16Ω zu.
Die Rückseite des Palmer Fat 50
Praxis
Schaltet man den Palmer Fat 50 Combo ein, informiert eine große, gelbe LED über die anliegende Netzspannung. Bereits bei den ersten Klängen weiß der erfahrene Gitarrist, was ihn in den nächsten Minuten erwarten wird. Doch halt, etwas ist anders. Meines Erachtens färben die 5881-Endröhren den Klang des Combos mehr ein als ich erwartet habe. Die Parallelen zur 6L6 sind klar zu erkennen, aber dennoch scheint der vergrößerte Headroom dem Amp einen voluminöseren, offeneren Klang zu verpassen. Auch wenn die Variation marginal sein mag, ich empfinde diese Endröhren-Bestückung als äußerst gelungen, zumal das Zusammenspiel mit dem Eminence Govenor eine echte Freude ist.

Die Bezeichnung FAT 50 trägt der Verstärker wahrlich zu Recht. Ich habe selten einen offenen Combo gehört, welcher aus nur einem 12-Zöller einen solch vergleichsweise kräftigen Bassschub generiert. Der Grundklang ist dicht, komprimiert und bassstark, jedoch ohne unterhalb 500 Hz zu matschen, wie es gerne mal bei der 6L6 Konkurrenz aus Amiland zu bemerken ist. Auch wenn die kalifornische Klangausrichtung allgegenwärtig ist, so gelingt es dem Palmer Fat 50 Combo auch ohne die sonst obligatorische “EL34-Kelle” bei Bedarf einen vergleichsweise großen britischen Einschlag zu gewährleisten.

Fangen wir doch mal mit dem cleanen Kanal ohne Gain-Boost an. Hier gelingt es Palmer, auch bei hoher Endlautstärke den perligen Grundton bei zu behalten, wobei man gerne über den Volume-Regler erste Crunchs stufenlos hinzufügen kann. Der Amp bleibt schön knochig und kantig und lässt den Musiker für einen gelungen Ton ordentlich schwitzen. Kein Schönfärben, kein totkomprimiertes Scope-Gesülze, sehr geschmackvoll und direkt in der persönlichen Tongestaltung.

Bei Aktivierung der Gain-Stufe kommt das Volumepoti ins Spiel. Hier kann man sehr schön die hohe Kunst des Verzerrungsgrades mittels des Volumereglers frönen, nach wie vor die organischste Form der Tonformung. Egal wie viele Kanäle du auf deinem Panel zur Verfügung hast, nichts (!) geht über die Arbeit mit dem Volumeregler! Sehr geschmackvoll, wie Palmer diese Stufe abgeglichen hat.

Im Drive-Channel des Palmer Fat 50 Combo geht es klanglich anders zur Sache. Der Grundsound ist weicher, generiert im normalen Mode herrliche Hardrock-Sounds der alten Schule und steigert sich über die zusätzliche Gain-Stufe zu einem hervorragenden Leadsound, welcher die Harmonics wunderbar erfasst und gefühlvoll überblenden lässt.

Dabei sind beide Kanäle sowohl klanglich als auch bezüglich der Lautstärke sehr gut aufeinander abgestimmt. Man hat nie das Gefühl, eine weitere Klangregelung bemühen zu müssen, arbeiten alle vier Grundsounds doch Hand in Hand. Allesamt abrufbar per Fußschalter, dazu noch in verschiedenen Lautstärken und bei Bedarf mit einer gut klingenden Hallspirale versehen, Musikerherz, was willst Du mehr!
Die Kanäle sind sowohl klanglich als auch bezüglich der Lautstärker sehr gut aufeinander abgestimmt.

Fazit
Mit dem FAT 50 Combo hat Palmer ein echtes Prachtstück in seinem Repertoire. Der Combo vereint die Flexibilität von vier Grundsounds mit dem eigenständigen Charakter des Individuellen wie kaum ein anderer Combo. Der Klang des Palmer Fat 50 Combo ist ausgezeichnet, die Verarbeitung hervorragend. Zubehör und Detaillösungen zeigen die Weitsicht respektive Erfahrung des Herstellers und für ein komplett in Deutschland gefertigtes Produkt verfügt der Verstärker zudem noch über einen äußerst moderaten Abgabepreis.

Für mich ein absoluter Höhepunkt im heiß umkämpften Combosegment, unbedingt antesten!

Test Setup: Flaxwood Äija – SM57

Plus
+ Klang
+ Verarbeitung
+ Konzeption
+ Abstimmung

Minus

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Quelle: Amazona.de, Deutschland 3/2013:
http://www.amazona.de/test-palmer-fat-50-combo/
Autor: Axel Ritt

Hier finden Sie alle Informationen zum Palmer Fat 50:
http://www.palmer-germany.com/mi/de/Produkte/FAT-Serie/FAT-50-Rohren-Gitarren-Combo-50-W-PFAT50.htm

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