Palmer Drei – Schnickschnackfreie Zone – Testbericht von bonedo.de

Röhren Gitarren-Topteil

Seit Jahrzehnten stehen die beiden Palmen im Palmer-Logo für clevere Problemlösungen im Live- und Studio-Einsatz. Ob DI-Box, Splitter, Stromversorgung, Speakersimulator oder vieles andere – so manch ein Gig wäre ohne die smarten Helfer aus Hessen sicher wesentlich weniger harmonisch verlaufen. Aber es sind nicht nur die Audio-Tools, die das Programm füllen, auch Gitarrenboxen, Amps und Effektgeräte gehören zum Angebot.

Mit dem kürzlich veröffentlichten Vollröhren-Topteil „Drei“ verfolgt Palmer einen ebenso neuen, wie logischen Ansatz. Der Amp vereint drei puristische Endstufen in einem Gehäuse, die zudem miteinander gemischt werden können. Eine Idee, die extrem neugierig macht!

DETAILS

Optik/Verarbeitung

Aber nicht nur in Sachen innerer Werte, auch beim Design geht Palmer hier einen ziemlich individuellen Weg. Da ich aber ein großer Fan des Industriedesigns bin, passt dieses Head definitiv in mein Beuteschema.

Obwohl der Verstärker mit 230x390x250mm (HxBxT) relativ klein ist, bringt er satte 15 Kilo auf die Waage – das ist schon ordentlich! Vorteil des Ganzen: So solide, wie er gebaut ist, wird der Drei (klingt seltsam, aber es heißt ja auch nicht ’die Twin Reverb’) eher verrosten als auf andere Weise das Zeitliche segnen.

Schauen wir uns das kleine Schwergewicht jetzt etwas genauer an. Das Gehäuse des Amps besteht vollständig aus Metall, Frontplatte und rückseitiges Anschlusspanel sind grau lackiert. Und damit auch jeder mitbekommt, dass der Drei in Deutschland gefertigt wird, ist die Beschriftung ganz konsequent auf Deutsch – warum auch nicht? Ich finde das gut, zudem passt es ins optische Konzept. Selbst das Handbuch setzt sich angenehm von der Konkurrenz ab, es ist in einen kunstledernen Ringbuchordner abgeheftet

Kommen wir zum eigentlichen Objekte der Begierde (und dem Alleinstellungsmerkmal dieses Amps) – den drei im Single-Ended-Style aufgebauten Endstufen. Für jedes der Triebwerke ist ein separates Poti zuständig – sinnigerweise mit “Eins“, “Zwei“ und “Drei“ beschriftet. Und jetzt kommt der Clou: Im Inneren des Metallkastens werkelt für jede Endstufe ein anderer Röhren-Typus: Eine EL-84 für Nummer Eins, eine 6V6 für Nummer Zwei und eine 6L6 für Nummer Drei. Die Signalwege sind dabei äußerst kurz gehalten, was in Kombination mit dem sehr puristischen Single-Ended-Design eine direkte Ansprache verspricht – aber darum kümmern wir uns im Praxis-Teil. Am rechten Ende finden sich zwei Kippschalter, einer zum An-/Ausschalten, hier “Bereit“ und “Aus“ betitelt, und einer mit der Beschriftung “Standby“ und “Aus“.

Die Rückseite ist mit Netzanschluss, einer Sicherung und drei Klinkenbuchsen zum Anschluss eines 4, 8 oder 16O Lautsprechers ähnlich spartanisch ausgestattet, wie die Front.

PRAXIS

Test-Setup: An unserem Testkandidaten hängt eine 2×12“-Box von Marshall mit G75-Speakern. Abgenommen habe ich eine Membran mit einem Shure SM57 und einem Sontronics Halo. Beide Mikrofone durchlaufen jeweils einen Telefunken V676b Preamp und werden mit einem Avid HD Interface gewandelt.

Schon beim ersten Anspielen fällt die unglaubliche Impulstreue auf. Die Töne springen mich förmlich an – und das ohne Gehörsturz, denn der Amp leistet pro Röhre 5 Watt, also insgesamt 15 Watt, wenn alle auf Volllast arbeiten. Kanal Eins, also die EL84, klingt so, wie man es von diesem Röhren-Typus erwartet – und von Marshalls kennt. Das Höhenbild ist prominent, die Mitten geballt wie eine Faust, und verzerrt rotzt der Drei ordentlich los. Kanal Zwei mit der 6L6 ist die richtige Wahl, wenn es um warme, einschmeichelnde dicke Sounds geht. Die 6V6 befeuerte Endstufe Nummer Drei ist lauter als die beiden anderen. Sie erzeugt einen sehr ordentlichen Punch, der Sound scheint frequenzseitig eine Etage tiefer zu rutschen, wobei das Höhenbild sehr aufgeräumt wirkt und nicht darunter leidet.

Verstärker mit jeweils einer fixen Röhrenbestückung gibt es zu Genüge. Wirklich interessant wird es jedoch, wenn die Kanäle miteinander gemischt werden, daher habe ich mich darauf konzentriert und die Soundfiles unter genau diesem Aspekt erstellt. Die Soundbeispiele wurden mit einer Fender Strat, einer Tom Anderson Strat und einer Duesenberg Starplayer eingespielt. Zuerst hören wir die Duesenberg clean in der Halsposition.

Soundbeispiele auf http://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/palmer-drei.html

FAZIT

Mit dem Drei ist Palmer ein echter Wurf gelungen. Kompromisslos ist wohl das richtige Wort, um den kleinen Verstärker aus Hessen zu beschreiben. Mit dem Konzept, drei unterschiedliche Endstufen in ein Gehäuse zu packen und diese auch noch miteinander mischen zu können, beschreitet Palmer einen völlig neuen und vor allem sehr hörenswerten Weg. Sein Haupteinsatzgebiet liegt wohl im Studio, wobei er sicherlich auch auf der Clubbühne eine gute Figur abgibt. Die Direktheit, mit der der Amp Töne wandelt, ist spektakulär. Pflichtprogramm für alle, die den unverfälschten Endstufensound suchen! Und auch der Preis geht absolut in Ordnung, zumal der Drei hierzulande handgefertigt wird. Empfehlung!

Pro
Verarbeitung
Konzept
konsequente optische Ausführung bis ins Detail
Sound
Preis

Contra

Technische Daten

  • Hersteller: Palmer
  • Bauweise: Röhrenverstärker Topteil
  • Leistung: 3×5 Watt
  • Röhren: 3x ECC83/12AX7
  • Takt Eins: EL84
  • Takt Zwei: 6V6S
  • Takt Drei: 6L6GC
  • Rectifier: GZ34/5AR4
  • Maße: (HxBxT) 230x390x250mm
  • Speaker Out: 4,8,16 O
  • Gewicht: 15 kg
  • Preis: EUR 1100,- (UVP)

 

Alle Informationen zum Produkt unter: http://www.palmer-germany.com/mi/de/DREI-3-fach-Eintaktverstarker-PDREI.htm

Hier geht es zum Testbericht auf:

http://www.bonedo.de/artikel/einzelansicht/palmer-drei.html

 

Quelle: Bonedo Magazin, Deutschland, Dezember 2011

Leave a Comment