In der heißkalten Hölle – Zu Besuch bei FaitalPRO

Für eine Handvoll Speaker

Die Folterkammer für Lautsprecher hat einiges zu bieten: Cola, Salzwasser, glühende Hitze und eisige Kälte im fliegenden Wechsel – hier kommen nur die Besten durch.

Für den italienischen Hersteller Faital gehören solche Torturen seit über 50 Jahren zum Geschäft. Kein Wunder, sind doch große Automobilhersteller die Hauptabnehmer für die 20 Millionen Lautsprecher, die Jahr für Jahr produziert werden. Und in dieser Industrie sind solch ausufernde Qualitätstests Standard: Die Lautsprecher werden mit Flüssigkeiten aller Art bespritzt, stundenlangen Vibrationen ausgesetzt oder mit Sand gestrahlt. Höhepunkt der Prozedur ist ein metallener Schrank, intern „Arctic-Arizona-Chamber“ genannt, in dem die Lautsprecher in Sekundenschnelle von minus 40 auf bis zu 110 Grad Celsius erhitzt werden, bevor es wieder in die andere Richtung geht, stundenlang. Die so gequälten Lautsprecher sind danach natürlich nicht mehr zu gebrauchen, auf diese Weise wird jedoch sichergestellt, dass die Geräte unter allen Umständen funktionieren – auf der ganzen Welt, bei jedem Klima.

Jürgen Franzen, Flavio Naggi, Bruno Naggi (CEO), Alessandro Morelli (Sales & Marketing) (v.l.)

Da der Automobil-Bereich seit einigen Jahren stagniert, möchte das italienische Unternehmen unter dem Brand FaitalPRO auch die Pro-Audio-Branche mit qualitativ hochwertigem Material ausstatten. Faital startete 1958 als kleiner Familienbetrieb, der zunächst Lautsprecher für Radios und später auch Fernseher herstellte. Der große Durchbruch kam in den 70er Jahren als Zulieferbetrieb für die Autoindustrie. Mit diesem Kundenkreis erklären sich auch die extrem hohen Qualitätsansprüche von Faital.

Aber auch als Zulieferer für große Namen der HiFi-Industrie ist Faital bekannt geworden. Flavio Naggi, Enkel des Firmengründers, hat mit seinem Team von erfahrenen Techniker- und Vertriebs-Profis FaitalPRO ins Leben gerufen und zeichnet für den Marktauftritt der neuen Marke verantwortlich: Diversifizierung ist wichtig für die Zukunft des Unternehmens, davon ist er überzeugt. Gleichzeitig kann FaitalPRO in der Pro-Audio-Branche das gesammelte Know-How aus 50 Jahren Lautsprecherherstellung in einen völlig neuen Markt einbringen. Für die Vertriebsstrukturen im deutschsprachigen Raum ist Jürgen Franzen als Area-Manager zuständig und fungiert als direkter Ansprechpartner vor Ort. Wir haben ihn und Flavio Naggi am Firmensitz in San Donato Milanese interviewt.

Flavio Naggi, Overseas-Sales-Manager und Jürgen Franzen, Area-Manager D-A-CH

„Start-up innerhalb einer Firmengruppe“

Interview mit Flavio Naggi und Jürgen Franzen

pma: Wie kam die Entscheidung zustande, sich im Pro-Audio-Business zu engagieren? Immerhin war der Umsatz von Faital vorher im dreistelligen Millionenbereich angesiedelt, da spielt dieser Bereich doch eher eine untergeordnete Rolle.
Flavio Naggi: Wir sind Ende der 90er Jahre an einen Punkt gelangt, an dem unsere Verkaufsaktivitäten einen Höhepunkt erreicht hatten. Aus diesem Grund erschien uns eine Diversifizierung vonnöten. Wir beschlossen, uns auch weiterhin in der Lautsprecherherstellung zu betätigen, da wir auf diesem Gebiet weit fortgeschritten sind und über eine Menge Know-How verfügen. Es wäre also wenig sinnvoll gewesen, sich in einem völlig anderen Industriezweig zu betätigen. So beginnt die Geschichte von FaitalPRO.

pma: Wie wird die Qualität der Produkte sichergestellt?
Flavio Naggi: Wir haben im Laufe der Jahre einen Standard zur Qualitätssicherung entwickelt, der die Verlässlichkeit des Produkts sicherstellt. Dabei haben wir uns wiederum an der Automotive-Industrie orientiert, die von unseren Lautsprechern verlässliche Performance auch unter extremen Bedingungen erwartet. Die Maßstäbe setzen wir auch bei unseren Pro-Audio-Produkten an. Sie durchlaufen eine Reihe von Tests, wie etwa Hitze/Kälte-Tests, Feuchtigkeits-Tests, Vibrationstests, Korrosions- und Erosionstests.

pma: Welche Vorteile bringen die Erfahrungen aus 50 Jahren Lautsprecherbau für den Consumer- und Automotive-Bereich für Anwender im Pro-Audio-Bereich mit sich?
Flavio Naggi: Die Stärke von Faital und FaitalPRO liegt zweifellos in der OEM-Produktion. Wir können ein Projekt von den ersten Skizzen bis hin zum fertigen Produkt begleiten, ohne auch nur ansatzweise auf ein Produkt aus dem Katalog zurückblicken zu müssen. Für den Automotiv-Bereich beispielsweise ist das ein völlig normales Vorgehen und wird vorausgesetzt. Wir bekommen von den Automobilherstellern sogar 3D-Modelle des Autoteils, in dem unsere Lautsprecher verbaut werden sollen. Die Pro-Audio-Kunden können von diesen professionellen Erfahrungen profitieren. Das Qualitätsniveau, das wir bei Design, Herstellung und Kontrolle unserer Produkte erreichen, ist im Pro-Audio-Bereich bisher unerreicht.

pma:Ist auch die Produktion von eigenen Lautsprechergehäusen geplant?
Flavio Naggi:Auf keinen Fall. Das wäre aus vielen Gründen eine falsche Entscheidung. Wir verwenden sehr viel Energie darauf, für unsere Kunden ein verlässlicher Ansprechpartner zu sein. Wenn wir jetzt eigene Lautsprecher bauen würden, dann wären wir plötzlich die Konkurrenten unserer Kunden und das wäre ein völlig falsches Signal. Darüber hinaus liegen unsere Erfahrungen beim Bau von Treibern und nicht im Bau von Lautsprechergehäusen. Dazu müssten wir eine Reihe von Fertigkeiten entwickeln, über die wir schlichtweg nicht verfügen und die wir uns auch nicht aneignen wollen.

pma:Wieso verwendet FaitalPRO fast ausschließlich Neodym-Treiber?
Flavio Naggi: Wir haben uns entschlossen, die Mehrzahl der Pro-Audio-Lautsprecher mit Neodym auszurüsten, weil wir einer der ersten Hersteller überhaupt waren, die dieses Material in anderen Bereichen eingesetzt haben. Wir sind also bestens mit der Verwendung von Neodym vertraut und haben viel Forschungsarbeit in diesen Rohstoff investiert. Aus diesen Gründen haben wir uns dazu entschlossen, bei FaitalPRO die Strategie stark auf Neodym zu fokussieren. Der Hauptgrund war, dass wir uns auf die eine oder andere Weise von den Mitbewerbern abheben mussten, sonst wären wir nur einer unter vielen gewesen. Mittlerweile entwickeln wir aber auch wieder eine Reihe von Produkten, die mit Ferrit-Magneten bestückt sind.
Jürgen Franzen: Neodym hat Ferrit bei weitem noch nicht verdrängt, es gibt immer noch Anwendungen, bei denen Ferrit klar im Vorteil ist. Neodym hat sich demzufolge noch nicht in all unseren Märkten durchgesetzt. Da wir diese Märkte jedoch ebenfalls bedienen möchten, bieten wir auch weiterhin Ferritbestückte Treiber an und werden unser Angebot hier auch noch erweitern. Allerdings werden Neodym-Treiber nach wie vor unsere Spezialität bleiben.

pma:In den Medien liest man immer wieder davon, dass verschiedene Rohstoffe knapp werden, darunter auch Neodym. Inwieweit ist FaitalPRO davon betroffen?
Flavio Naggi:Die Größenordnung, in der die Faital-Gruppe diese Rohstoffe einkauft, bringt uns in eine Verhandlungsposition, die sich viele kleinere Hersteller nicht leisten können. Deswegen ist die Versorgung mit Neodym für uns kein Problem. Wir kaufen jedes Jahr Tonnen davon. Es ist allerdings richtig, dass der Preis praktisch nicht zu kontrollieren ist und stark schwankt. Das dürfte viele kleinere Hersteller vor Probleme stellen.

pma:Wie ist das internationale Vertriebsnetz strukturiert?
Flavio Naggi: Zuallererst müssen wir die Produkte auf der ganzen Welt verfügbar machen. Dazu haben wir mehrere Produktionsstätten und Stützpunkte weltweit: In Mexiko, in der Nähe von New York, ein Lager mit Qualitätssicherung in Hongkong. In Europa sind wir in Spanien, Ungarn und selbstverständlich Italien vertreten. Die Produktion der Pro-Audio-Produkte findet ausschließlich in unserem Werk in Italien statt. Damit können wir die Märkte in Europa sehr gut abdecken. Um in den einzelnen Ländern möglichst effizient zu sein, bauen wir hier im Augenblick lokale und flächendeckende Netzwerke auf.

pma: Wo liegen die Vor- und Nachteile eines Familienunternehmens?
Flavio Naggi:Faital wird auch in den kommenden Jahren als Familienunternehmen von meinem Vater geführt werden. Nachdem er die Firma von seinem Schwiegervater übernommen hat, werden sich mein Bruder und ich zukünftig darauf vorbereiten, in seine Fußstapfen zu treten. Darüber hinaus verfügen wir über ein hochqualifiziertes Management, auf dessen Schultern die Belange des Unternehmens auch zukünftig ruhen werden.

pma: Jürgen, Du bist seit etwa einem Jahr im deutschsprachigen Raum für FaitalPRO unterwegs. Welche Ziele verfolgst Du?
Jürgen Franzen: Die offizielle Bezeichnung lautet „Area Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz“. Ich kümmere mich um das OEM-Geschäft, besuche die Hersteller von Beschallungsanlagen und stelle ihnen das Unternehmen FaitalPRO, sowie die Produkte vor. Ein weiterer Schwerpunkt meiner Tätigkeit besteht darin, ein Netz von Vertriebspartnern in meinen Ländern aufzubauen, um Vertriebskanäle wie Retail und MI ebenfalls zu erschließen.

pma: Wie stellen Sie sich die Zukunft von FaitalPRO vor?
Flavio Naggi: Hier sollte zwischen Faital und FaitalPRO unterschieden werden. Unser Ziel bei FaitalPRO ist es, wirtschaftlich vollkommen unabhängig von Faital zu werden. Aber wir gehen denselben Weg wie jedes andere Start-Up-Unternehmen, wenn auch innerhalb einer Firmengruppe: Am Anfang sind eine Menge Investitionen nötig, die sich erst nach Jahren auszahlen. Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass FaitalPRO die Zukunft der gesamten Faital-Gruppe sein wird.

Statement: Markus Falter, Director Marketing & Export Sales Craaft Audio GmbH
Als Hersteller von professionellen Beschallungsanlagen „Made in Germany“ sind wir stets auf Lieferanten angewiesen, die außergewöhnlich gute Komponenten liefern. Dabei sind wir vor einiger Zeit auf FaitalPRO gestoßen und seitdem überzeugter Kunde dieser Produkte. Wir verwenden FaitalPRO-Lautsprecher seit etwa einem Jahr in einigen unserer Produkte, beispielsweise dem BANANA-Line-Array-System. Da wir bisher noch nicht einen einzigen Ausfall zu verbuchen hatten, kann man hier tatsächlich von 100 Prozent Qualität auf höchstem Niveau sprechen. Preis und Leistung stimmen hier genauso wie auch die professionelle Betreuung des Vertriebs, allen voran von Jürgen Franzen. www.novacoustic.de

Alle Infos zu den Produkten von FaitalPro gibt es auf www.adamhall.com/FaitalPro

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